Evangelische Kirche und Diversität – ein langer Weg zur Akzeptanz

(21.7.2022/29.7.2023)

Als evangelische Kirche freuen wir uns, dass es KLINGENPRIDE in Solingen gibt!

Wir machen gern mit und sind unbedingt mit dabei.

Weil wir glauben, dass Gott uns divers geschaffen hat.

Weil wir glauben, dass Gott alle Geschöpfe liebt, wie Gott sie gemacht hat.

Weil in unserer Bibel steht: „Alles soll bei euch in Liebe geschehen!“ (1. Korintherbrief 16,14)

Daran wollen wir uns messen lassen!

Es passiert schon einiges in unserer Kirche:

  • queere Menschen engagieren sich auf allen Ebenen
  • gleichgeschlechtliche Paare heiraten kirchlich
  • die Kirche und ihre Sprache ändern und sensibilisieren sich
  • Diversität wird in Kirche sichtbar

Gleichzeitig möchten wir noch dazulernen. Sagt uns gerne, was Ihr Euch von der Kirche wünscht.

Happy Pride!

Die evangelische Kirche hat sich lange gesträubt, Homosexualität zu akzeptieren und queere Menschen in ihrem So-Sein als Gottes geliebte und gewollte Geschöpfe wahrzunehmen.

Es schien so klar, dass die Bibel heteronormativ denkt und die heterosexuelle Ehe schon in der Schöpfungsgeschichte erfindet. Es schien ebenso klar, dass homosexuelle Kontakte verurteilt werden. Und es schien völlig klar, dass Menschen eindeutig männlich oder weiblich zu sein haben.

Über all diesen vermeintlichen Klarheiten fiel nicht mehr ins Gewicht, dass alles, was in der Bibel über Ehe, Familie und Liebe, Identität und Sexualität gesagt wird, von heutiger Lebenswirklichkeit unendlich weit entfernt ist. Und es fiel nicht mehr ins Gewicht, dass der biblische Maßstab für das Leben die Liebe ist.

Diese vermeintlichen Klarheiten in ihrer Unklarheit zu erkennen und zu ad acta zu legen, war ein langer Weg. Sie als Kirche und für das gemeinsame kirchliche Handeln und Lehren zu überwinden war ein noch längerer Weg. Von ganz allein ändert sich die Kirche nun mal nicht und ohne Beten, Lesen und Diskutieren entwickelt sich die Theologie auch nicht weiter. Es ist vielen engagierten und mutigen Personen in der Kirche zu verdanken, dass dieser Weg gegangen wurde.

Seine bisherigen Etappen in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) waren:

  • Das Arbeitspapier „Homosexuelle Liebe“ der Landessynode 1992
  • Das Diskussionspapier „Sexualität und Lebensformen“ sowie „Trauung und Segnung“ (SuLTuS) von 1996
  • Der Beschluss der Landessynode 2000, der den Weg frei machte zur Segnung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften (vor Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaften 2001)
  • Der Beschluss der Landessynode 2016, der – vor der Einführung der „Ehe für alle“ 2017 – die Trauung als Amtshandlung für alle Paare möglich machte und jede liturgische Ungleichbehandlung aufhob

In der Vorbereitung auf diesen letzten Beschluss hielt der Ständige Theologische Ausschuss folgende Einsichten fest (Ausschnitte aus der Stellungnahme von Herbst 2015):

„Das Grundgebot, von dem her alle menschliche Gemeinschaft und insbesondere Ehe und Partnerschaft Gottes Willen unterstellt wird, ist das Gebot der Heiligung: „das ist der Wille Gottes: eure Heiligung“ (1Thess 4,3). Im Blick auf den Umgang in Beziehungen heißt das: Der/die Andere ist in seiner Individualität, in seinem Persongeheimnis, theologisch: als Ebenbild Gottes zu achten, vor und in aller geschlechtlichen Differenzierung, die sich keineswegs immer dem Dual „Mann-Frau“ fügt. (…)

Geheiligt sind menschliche Gemeinschaftsformen nicht aus sich heraus; sie werden es, sofern sie durch Gottes Wort in Gebot und Verheißung, Zuspruch und Anspruch geheiligt werden. Der Segen gilt den Menschen, die sich dieses Wort gesagt sein lassen, die also ihre Gemeinschaft als Raum einer göttlichen Gabe und Aufgabe annehmen. (…)

Geheiligt sind menschliche Gemeinschaftsformen nicht dadurch, dass sie in den heiligen Schriften vorkommen. Was in biblischen Zeiten unter Ehe, Familie und gleichgeschlechtlicher Sexualität verstanden wurde, ist von heutigen Werten und Lebenswirklichkeiten weit entfernt. Eine direkte Ableitung von Formen des Zusammenlebens aus der Bibel ist nicht möglich. Die hermeneutische Frage nach biblischer Orientierung stellt sich für alle Gemeinschaftsformen: Welches Verhalten, welche Ordnung lassen eine Gemeinschaft schriftgemäß sein?“

Diese Einsichten führten dazu, dass im kirchlichen Blick auf Queerness und Homosexualität heute die Frage nach der Liebe (im Sinne von Zuneigung, Respekt und Rechtssicherheit) entscheidend ist. Sie führten zu einer neuen Klarheit: Die einzige theologisch wichtige Frage an die Bibel im Zusammenhang mit Liebesbeziehungen lautet „Wie können sie dem Doppelgebot der Liebe entsprechen“?

Darum steht auf dem evangelischen Banner für Klingenpride: „Alles soll bei euch in Liebe geschehen“ (1 Kor 16, 4)