Rede zum Kippa-Tag 2022

Shalom alechem!

Ich freue mich, dass wir uns wieder zum Kippa-Tag versammelt haben und in diesem Jahr auch Besuch aus unserer Partnerstadt Ness Ziona haben.

Herzlich willkommen allen – und danke, dass Sie gekommen sind!

Wir kommen hierher am Kippa-Tag, weil Glaube und Religion in diesem Land öffentlich sein dürfen und sollen. Die Kippa, ein Kreuzanhänger oder ein Kopftuch machen den Glauben sichtbar – und das ist gut so.

Wir kommen hierher am Kippa-Tag, weil die Öffentlichkeit von Glaube und Religion in diesem Land gefährdet sind. Alle Religionsgemeinschaften spüren, dass ihnen der Wind ins Gesicht bläst.

Antisemitische Entgleisungen und Anfeindungen machen Angst und verursachen Leid, verharmlosende oder beleidigende Shoa-Vergleiche entziehen sachlicher Auseinandersetzung den Boden, Verschwörungsgeschichten erhalten uralte diffamierende Vorstellungen im kollektiven Gedächtnis – und das ist schlimm.

Die Öffentlichkeit von Glaube und Religion wird in diesem Land geschützt – durch das Grundgesetz, durch die Polizei, durch die Solidarität der Religionsgemeinschaften untereinander – das ist gut so, dass muss so bleiben.

Aber heute geht es nicht um alle, heute geht es um die jüdischen Gemeinden.

Darum bin ich dankbar, als Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen und des evangelischen Kirchenkreises hier reden zu können und daran zu erinnern, dass die Christenmenschen hinzuerwählt sind in den Bund, den Gott mit dem Volk Israel in biblischer Zeit geschlossen und niemals gekündigt hat.

Unser Heil kommt aus den Juden.

Die Verheißungen Gottes kommen aus der hebräischen Bibel.

Ich will eine von ihnen zitieren: „Ihr sollt in Freuden ausziehen und in Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Jauchzen und alle Bäume auf dem Felde in die Hände klatschen.“ (Jes 55, 12)

Nicht alle, die hier stehen, teilen diesen Glauben an Gott und die Hoffnung auf Gott.

Aber vielleicht verbindet im Bergischen Land die Vision frohlockender Wupperberge und einer jauchzenden Krahenhöhe alle Bürger:innen, gleich welchen Glaubens, in der Sehnsucht nach Freude und Frieden!  

Die Bäume werden applaudieren und klatschen, wenn Glaubensfragen die Menschen in Solingen neugierig verbinden und niemals wieder trennen.

Wir sollen in Freuden ausziehen auf die Straßen und Plätze der Stadt und in Frieden geleitet werden. Möge Gott das wahr werden und wirklich bleiben lassen! Shalom alechem!