Die Sonnenstunden werden zahlreicher. Die Bäume werden grün. Das Leben kehrt in die Natur zurück. Die Menschen freuen sich auf Ostern. Aber an Karfreitag geht es erst noch um Tod und Sterben. Der Newsletter des Kirchenkreises Solingen stellt dazu 3 Fragen an Superintendentin Dr. Ilka Werner:
Am Karfreitag erinnern sich Christinnen und Christen an das Sterben von Jesus. Warum hat gerade so ein dunkler Tag aus so einem traurigen Anlass eine so große Bedeutung für den christlichen Glauben?
Ganz kurz: Weil es lebenswichtig ist, in dunklen Todesstunden nicht von Gott verlassen zu sein. Etwas länger: Jesus stirbt an der Bosheit der Welt – er hat nichts Böses getan und wird verurteilt, weil andere es nicht aushalten, dass es jemanden wie ihn gibt. Es sind Neid, Konkurrenz, Missgunst und Hass, die ihn umbringen; brutale Machtpolitik eines Großreichs. Alles gibt es bis heute. An allem leiden Menschen bis heute. Und Karfreitag sagt: Wenn dir Unheil und Leid geschieht oder Unrecht: du bist nicht allein. Jesus kennt das, er ist bei dir, Gott ist bei dir.
Manche kritisieren, dass ein Glaube, in dessen Zentrum die Erinnerung an die brutale Hinrichtung eines Menschen steht, es schwer habe, zuversichtlich und lebensfroh zu wirken. Zu Recht?
Ja, wenn Karfreitag isoliert gesehen wird, und ja, solange es so aussieht, dass der Tod das letzte Wort hat. Aber zu Karfreitag gehören die Verheißungen des ewigen Lebens und die Hoffnung auf Ostern dazu: Der Tod hat eben nicht das letzte Wort. Sondern Gott. Jesus bleibt nicht tot, er wird wieder lebendig.
Darum nein, denn in dieser Botschaft steckt für uns eine Menge Zuversicht und Lebensfreude! Und nein, denn der Tod macht nicht mehr so viel Angst, wenn wir an Gottes Macht über ihn glauben.
In unserem Land wird die Forderung lauter, der Karfreitag solle als stiller Feiertag für die ganze Gesellschaft abgeschafft werden. Es sei nicht mehr zeitgemäß, dass allen Menschen an diesem Tag Tanzveranstaltungen und anderes untersagt werden, egal ob sie in der Kirche sind oder nicht. Was sagen Sie dazu?
Ich verstehe, dass die, die mit dem christlichen Glauben nichts anfangen können, sich gegen christliche Konventionen wehren. Andererseits nehmen sie schon gern die christlichen Feiertage als Urlaubstage mit. Da könnte man sagen: ganz oder gar nicht. Andererseits hängt es nicht vom gesellschaftlichen Umfeld ab, ob ich mich auf meinen Glauben konzentriere und wie ich diesen Tag begehe – das entscheide ich allein.
Was aber auch eine Möglichkeit ist: den Tag als „stillen Feiertag“ in der offenen Gesellschaft bewahren. Und sein Angebot, inne zu halten und über die schwierigen Fragen von Leid, Tod, Trauer und Sinnlosigkeit ins Nachdenken zu kommen, bewusst auch für säkulare Kreise aufrecht zu erhalten. Denn diese Fragen bleiben ja, auch wenn der Glaube verschwindet.